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Martinskirche - Die Geburtsurkunde Völklingens : Seite 11 von 20 : Völklingen im Wandel

Martinskirche – Die Geburtsurkunde Völklingens

1756:
Umfangreicher Bericht des Amtmanns Christian Lex:
,,Das Dorf (=Völklingen) ist der alleinigen Nassau-Saarbrückischen Landesherrschaft unterworfen und die Untertanen sind leibeigen. Es stehen dermalen ohne die Kirche 74 Häuser allhier, wovon drei nicht bewohnt sind; 19 Häuser sind mit Ziegeln, die übrigen aber mit Stroh gedeckt; wie denn auch zwanzig Schornsteine mit Steinen, die übrigen aber von Holz erbauet sind. Es wohnen allhier 65 frondbare Gemeinsmänner und vier dergleichen Witwen, welche die ganzen Fronden praestieren; es ist aber nur ein konsumierender Hintersasse da, welcher Schirmgeld bezahlt, und keine dergleichen Wittib daselbst. Sechs Personen sind frei von Fronden, nämlich der Herr Pfarrer, der lutherische Schulmeister, der Jäger, der Büttel und die zwei Hirten. (Natürlich war der herrschaftliche Meier des Völklinger Hofes ebenfalls frei von Fronleistungen.)
Dieser Dorfbann grenzt gegen Morgen (= Osten) an das französische Crichingen-Püttlingen, gegen Abend an den Wadgasser-Bouser Wald, gegen Mittag an die Saar und gegen Mitternacht ebenfalls an Bous. Mit diesen Nachbarn ist kein Grenzstreit, sondern der ganze Bann ist teils ausgesteinet, teils mit der Saar und Framersbach umgeben.
Zu der Meierei Völklingen gehören die Dörfer Fenne, Geislautern, Wehrden und Knausholz; der zeitige Meier heißt Sebastian Frantz und die hiesigen Gerichtsleute sind Hans Konrad Wagner, Andreas Klicker und Hans Veiten Kunckel.
Man findet hier zwei Feuerleitern und zwei Feuerhaken, welche an dem Schulhaus unter dem Dach hängen. Es sind drei gemeine Springbrunnen mit Trögen zur Tränkung des Viehes nebst vielen Privatbrunnen hierselbst; anstatt der gemeinen Schwemme aber dient die nahe vorbeifließende Köllerbach. Auf dem hiesigen Banne lieget weder eine Mühle noch ein Hof; doch sind die Untertanen in die Mühle zu Wehrden gebannet.
Es steht zwar viel Waldung auf hiesigem Banne, es ist aber nichts davon herrschaftlich, sondern gehöret der Gemeinde. Es ist auch kein Weiher allhier, Frischwasser aber sind die Saar, die Köllerbach und die Framersbach zur Hälfte. Die gnädigste Herrschaft hat alle Jagd und Fischerei, doch ist denen Unterthanen bishero erlaubt, mit Handangeln und Hebegarnen auf der Saar zu fischen. Es wird hierselbst ein Zoll von gnädigster Herrschaft and ein Weggeld für die Gemeinde erhoben; hingegen zahlt die Gemeinde jährlich an gnädigste Herrschaft wegen des ehemaligen Bannbackofens und Weggeldes 5 Gulden und l Batzen. Schließlich wird eine geschriebene Dorfordnung in des Meiers Haus in der gemeinen Kiste aufbehalten und jährlich vorgelesen.“(XLIII.).

Bezüglich der konfessionellen Verhältnisse berichtet uns Lex dann folgendes:
„Es befinden sich allhier 19 katholische Gemeindsmänner und 2 reformierte Weiber; die übrigen Einwohner sind alle der lutherischen Religion zugetan. Der lutherische allhier wohnende Pfarrer heißt Seidel, der katholische aus dem Wadgasser Kloster jedesmal hierher kommende Pastor heißet Koch, und der reformierte zu Ludweiler wohnende Pfarrer heißt Faesch.
In dem hiesigen Dorfe stehet eine Kirche und ein lutherisches Schulhaus, und sind die Lutheraner und Katholiken von Fenne, Geislautern und Wehrden wie auch zum Teil von Klarenthal hier eingepfarret, dahingegen die hiesigen Reformierten nach Ludweiler eingepfarret sind. In der hiesigen Kirche ist das Simultaneum zwischen den Lutheranern und Katholiken hergebracht (bekanntlich seit 1684) und alterniert (= wechselt ab) die Praecedenz mit dem Frühgottesdienst alle Sonntage.
Die Glocken, den Turm und die Kirchhofsmauer stellet und erhält der Völklinger Hof, nämlich das Dorf Völklingen, Fenne, Geislautern und Wehrden. Knausholz gehört zwar auch zum Völklinger Hof, es kontribuiret aber nichts zu denen Kirchen- und Schulsachen, wie dann alleine die hiesige lutherische Pfarrgemeinde das hiesige Schulhaus baut und erhält. Der katholische Schulmeister wohnt zwar als Gemeinsmann allhier, hält aber seine Schule in seinem Hause, teils jenseits der Saar zu Wehrden. Das Schiff der hiesigen Kirche wird zur einen Hälfte von dem Herrn von Warsberg (Lothringen) erbauet und erhalten, zur anderen Hälfte von der Herrschaft, gleichwohlen aber ziehet von dem großen Zehnten (Kornzehnten) hiesigen Bannes die gnädigste Herrschaft ein Drittel, das Stift St. Arnual ein Drittel und der Herr von Warsberg ein Drittel. Dahingegen vom kleinen Zehnten, welcher in Gewirk, Rapssamen, Immen, Ferkeln, Gänsen und Lämmern bestehet, der lutherische Pfarrer ein Drittel und die gnädigste Herrschaft zwei Drittel ziehet, als nach welcher Proportion auch der Herdbär von denen Percipienten (Zehnten-Teilnehmern) gehalten wird. Den lutherischen und reformierten Pfarrer setzet und salariert (= besoldet) gnädigste Herrschaft und resp. das Stift (= St. Arnual). Die katholische Kirche aber wird aus dem Kloster Wadgassen bedienet und der Pastor vermutlich von dem König von Frankreich besoldet.“(XLIII.).

Zum Schluss seines Berichtes über das Dorf Völklingen kommt Lex auf die speziellen Verhältnisse der Bewohner zu sprechen, indem er schreibt:
Die Hauptnahrung derer Einwohner ist zwar der Ackerbau; doch ist solcher nicht hinreichend, sondern es muß der Mangel durch Fuhr- und andere Handwerksarbeit supplirt (= ergänzt) werden. Die gemeinen Einkünfte bestehen in denen forstmäßigen Revenüen (= Einnahmen) ihres Waldes, wie auch etwas gemeinem Ackerland, welches versteigt wird; desgleichen gibt ein einheimischer neuer Gemeinsmann und seine Frau pro receptione (= Aufnahme in das Dorf) 15 albus, ein halb einheimisches Ehepaar l Gulden und l albus. Die hiesige Passiv-Koppelweide bestehet darinnen, daß der herrschaftliche Schäfer von Mohlstatt bis an die Köllerbach jähren (= weiden) darf. Die Volklinger haben keine Aktiv-Koppelweide außer der Mästung (= der Schweine) im Warnet (= Warndtwald), wogegen sie den Demet an die gnädigste Herrschaft zahlen.
Von den hiesigen Einwohnern sind fünf wohlhabend, achtzehn bei mittelmäßigem Vermögen und alle übrigen stehen schlecht in der Nahrung. Schließlich hat der gesamte Völklinger Hof eine Fahrt (= Fähre) bei Wehrden, allwo Wagen und Pferde sowohl als Fußgänger in Pontons und Nachen über die Saar transportiert werden. Das Fahrgeld aber gehet meistens zur Unterhaltung des Färgers (= Fährmann) und vor andere Unkosten wieder drauf, so daß wenig oder gar keine Revenüs davon übrig bleiben.“ (XLIII.).

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