(Nicht nur) Völklingen hat ein Müllproblem – Ablagerungen wohin man schaut
#Völklingen. „Wie am Donnerstagnachmittag festgestellt wurde, hat ein Unbekannter neben der Rossel illegal Müll in Form von Bauschutt und leeren Plastikkanistern entsorgt. Die Örtlichkeit befindet sich auf dem Radweg, welcher die Fortsetzung der Straße „Im Bruch“ ist, ca. 200m hinter der dortigen Schranke am Bienenlehrpfad.“, berichtet die Polizei am gestrigen Freitag und bittet um Zeugenhinweise. (Nicht nur) Völklingen hat ein Schmutzproblem – und zwar kein kleines!
Ein Blick zurück
Völklingen war nie eine sehr saubere Stadt. In der Vergangenheit brachte der Schmutz (indirekt) auch das Geld in die Stadt. Die Abgase und Ablagerungen des Eisenwerks und seiner Nebenbetriebe waren ein notwendiges Übel, das zu jener Zeit aber auch akzeptiert wurde: Wie es den Völklingern ging war davon abhängig, wie es der „Hütte“ ging – über den Schmutz, Lärm oder Krach den sie verursachte hätte man deswegen nie geklagt.
Und trotz der empfundenen Zufriedenheit war Völklingen keine schöne Stadt: Wer alte Fotos aus Völklingen betrachtet wird oft meinen, dass die Kameratechnik noch nicht bereit für Farbe war – doch Völklingen war so grau!
Heute: Die Fassaden sind bunt, auf dem Boden liegt der Müll
Seit 1986, der Stilllegung des heutigen Weltkulturerbes hat sich nicht nur in Völklingen viel verändert – auch in der Einkaufswelt hat sich viel getan: Obst und Gemüse kauft man heute nicht mehr lose ins mitgebrachte Einkaufsnetz oder in der Papiertüte, jede Gurke und gefühlt jeder Apfel ist in Plastikfolie eingeschweißt. Einkaufskörbe wurden durch Plastiktüten ersetzt, Getränke gibt es nicht mehr in Glasflaschen – zuerst kam die Blechdose, dann die Plastikflaschen. Kaffee wird nun durch „praktische“ Aludöschen in Miniportionen gepresst, der Kaffeefilter ist gerade bei jungen Menschen out. Eine Kette von Beispielen, die man beliebig fortsetzen könnte, die allerdings nur ein Fazit zulässt: Es gibt immer mehr Müll – und das sieht man, nicht nur in Völklingen!
Verpackungstrends bringen Müll mit sich
Die Verpackungstrends brachten Müllberge mit sich. Man trennt heute im Völklinger Durchschnittshaushalt (hoffentlich) bereits Plastikmüll, Papier-, Bio- und Restabfälle – doch die Restabfalltonne ist so voll wie eh und je – die zwei andern Tonnen und die gelben Abfallsäcke gesellen sich derweil einfach hinzu. Ein Trend, dem der Entsorgungszweckverband Völklingen (EZV) 2009 durch die Einführung von Müllgebühr nach Zahl der Leerungen zwar auf den ersten Blick entgegen trat, doch auf den zweiten bemerkt man die finanziellen Aspekte hinter diesem Schritt – oder wozu die Mindestleerungen?
Ein Bürger klagte und bekam Recht: Denn die 2009 vorgeschriebene Mindestzahl von zehn Leerungen pro Jahr – lt. Verwaltung auch aus hygienischen Gründen – wurde vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes gekippt. Die zusammengefasste Begründung: Die Regelung genüge nicht dem Gebot des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes, weil sie kleineren Haushalten keine wirksamen Anreize zur Reduzierung ihres Restabfalles biete.
Völklingen rüstete um: 2012 gab man die Einführung eines 80 l-Gefäßes bekannt, Reduzierung der auf mindestens 6 Leerungen im Jahr und in Ausnahmefällen können auf Antrag beim 80 l-Gefäß die Leerungen auf 4 im Jahr reduziert werden.
Müllsparer werden belohnt, andere werden zum Umweltsünder motiviert
Pfennigfuchser werden nun hellhörig: Hier kann man Geldsparen! Doch wohin mit dem ganzen Müll, der bei sechs Leerungen im Jahr, nicht mehr in die 80Liter-Tonne passt? Die Devise „Vermeiden vor Trennen vor Verwerten vor Entsorgen“ liegt eben nicht jedem! Neben den dafür gerne missbrauchten öffentlichen Mülltonnen (die Hausmüllentsorgung darin ist verboten!), die eigentlich für den Kleinabfall von Passanten gedacht sind, bleibt nur noch der gänzlich illegale Weg: Die Entsorgung in der Natur. Schon 2011 entsorgten weniger auf Umweltschutz bedachte Mitbürger(innen) ihren Müll auf einer wilden Müllkippe in der Nähe des früheren Michaels-Krankenhauses mitten im Wald. Einer von etlichen solcher Fälle, die man bis heute verzeichnete.
Fazit: Der Müllsparer wird durch die Gebührensatzung des EZV wirklich belohnt. Doch die, denen das Müllsparen nicht gelingen will, werden gegebenen Falls dazu motiviert zum Umweltsünder zu werden.
Auch die Gesellschaft hat sich gewandelt: „Lass fallen!“
Nicht nur die Dinge änderten sich, auch der Mensch änderte sich in den vergangenen Jahren: Ich, der Autor dieses Artikels, bin genau 30 Jahre alt, wurde von meinen Eltern und Großeltern noch angehalten das gerade benutzte Taschentuch in den Mülleimer zu werfen – einfach fallen lassen? Nie wäre nie eine Option geworden! Und was erlebte ich gerade heute? Folgende Worte einer Mutter zu ihrem etwa 7 jährigen Sohn, der ihr ein Bonbon-Papier fragend hin hielt: „Lass fallen!“, sagte sie…. fünf Schritte von einem Abfalleimer entfernt. Meine Frage ob man so sein Kind erzieht wurde gekonnt überhört.
Ich frage mich in solchen Momenten, was in diesen Menschen vor sich geht… wie kann man das Ändern? Die Mutter hat doch bestimmt genau wie ich in der Schule die ein oder andere Unterrichtseinheit genau zu diesem Thema absolviert? Mein persönliches Fazit: Solche Menschen kann man nur noch über den Geldbeutel erziehen!
Kaugummis, Kippen und andere Unsitten
„Die Stadtreinigung wird es schon richten!“, denken sich viele und sind sich der Konzequenz nicht bewusst: Die Giftmenge, die in einem verbliebenen Zigarettenfilter enthalten ist, kann laut BUND einem Kleinkind das Leben kosten. Gelangen diese Gifte in das Grundwasser, können sie bis zu 40 Liter Trinkwasser ungeniesbar machen. Auch auf den Boden gespuckte Kaugummis sind nicht nur unappetitlich: Tiere können sie fälschlicher weise für Futter halten, Verstopfungen im Verdauungstrackt können zum Tot des Tieres führen. Da Kaugummis nichts anderes als mit Aromen versehener Kunststoff (aus Erdöl) sind, verrotten diese erst nach Jahren: Entfernen ist nur mit hohem Aufwand möglich – 35 bis 50 Euro zahlt man beispielsweise in Köln, wenn man erwischt wird. Und auch eine zersplitterte Glasflasche ist nicht nur ein Schandfleck, sondern auch gefährlich für Mensch und Tier. In der Natur können sie darüberhinaus auch für Flächen- oder Waldbrände sorgen! Und wer beim Taubenfüttern erwischt wird, der zahlt je nach Kommune bis zu 1.000 Euro Strafe! Aus gutem Grund: Nicht nur die Taubenpopulation erfreut sich an dieser einfach zu erreichenden Mahlzeit, auch Ratten und andere Tiere erfreuen sich dem Speiseangebot. Folge: Die Population wächst auf Grund des guten Nahrungsangebots, der Kot der Tiere verursacht vielerorts hygienische Probleme.
Infrastruktur muss da sein
Natürlich: Egal ob in Parkanlagen, an Straßen oder auf Spielplätzen, die Infrastruktur zur Entsorgung von Müll muss gegeben sein. Dort wo genügend, häufig genug geleerte Abfallbehälter zur Verfügung stehen, gibt es keinen Grund seinen Müll einfach fallen zu lassen. Ist eine Tonne dann doch einmal voll, erledigt sich die Entsorgung auch einmal in der nächsten. Doch was ist, wenn es dann immer noch nicht klappt, so wie bei der Mami aus dem obigen Beispiel? Neben Zivilcourage, also der Ansprache durch Dritte, bleiben nur noch zwei Optionen: Hinterherräumen oder Strafen verhängen.
Städte wie Köln machen es vor: Wer etwas fallen lässt und dabei ertappt wird, der zahlt ohne Diskussion oder Verhandlungsspielraum. Mülldedektive verfolgen Illegale Müllablagerungen bis zum Sünder Nachhause – die Strafen sind dabei empfindlich.
Lösung Videoüberwachung als „ultima ratio“?
Videoüberwachung ist kein Allheilmittel zur Verhinderung strafbarer Handlungen wie eben der wilden Abfalldeponierung. Doch sie wäre die letzte Eskalationsstufe, die eine Kommune angehen darf – vorausgesetzt „konventionelle“ Maßnahmen halfen zuvor nicht bei der Problembehebung. Ein Schritt, den die Politik in Völklingen schon gehen wollte (CDU will Videoüberwachung prüfen|CDU stellt Antrag|SPD bezieht Stellung)!
Alle Strafen und Formen der Überwachung ersetzen den städtischen Aufräum- und Reinigungstrupp zwar nicht, doch die Hemmschwelle „Dummheiten“ zu machen wird erhöht.
Würde jeder seinen eigenen Schmutz weg machen….
Würde jeder seinen eigenen Schmutz entsorgen wie es sich gehört, stünden viele Probleme garnicht zur Debatte. Es bleibt also von dieser Stelle nur der Appell: Völklinger bleibt sauber, dann braucht es auch keine Überwachung!
AH.Red.