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Wie geht es weiter im postindustriellen Zeitalter? Spekulative Nomaden erproben alternative Wege für die Gegenwart und Zukunft : Völklingen im Wandel
NachrichtenWeltkulturerbe Völklinger Hütte

Wie geht es weiter im postindustriellen Zeitalter? Spekulative Nomaden erproben alternative Wege für die Gegenwart und Zukunft

Zweites FUTURE LAB im Weltkulturerbe startet am 10. Oktober



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#Völklingen. Sie wissen nicht, was ein „spekulativer Nomade“ ist? Vielleicht hilft Ihnen ein Bild weiter: Ein Industrieller sieht den Fluss und die Kohle. Er baut an dieser Stelle seine Fabrik und entzieht dem Fluss und Boden, was er braucht. Ein spekulativer Nomade sieht den Fluss, nimmt daraus Wasser zum Trinken und zum Waschen, sammelt Treibholz, lässt die Kohle Kohle sein — und zieht weiter.
Es ist dieses Bild eines anderen Rhythmus, eines anderen Verhältnisses zu Natur und Lebensraum, von dem aus das zweite FUTURE LAB im Weltkulturerbe Völklinger Hütte seine künstlerischen Aktivitäten entwickelt.

Die Zukunftslabore des Weltkulturerbes widmen sich künstlerisch-experimentell zentralen Themen der Gegenwart und Zukunft. Wie werden wir mit den Veränderungen leben, die in den letzten zwei Jahrhunderten durch den Menschen und die Industrialisierung entstanden sind?

„Mit den Spekulativen Nomaden starten wir das zweite Zukunftslabor im Jahr 2021. Nach dem ersten FUTURE LAB, der IBA-Plant, das einen starken Akzent auf Diskussionen zu Zukunftsthemen wie Stadtentwicklung, Lebensmittelproduktion und Grenzterritorien setzte, wird der Ansatz diesmal stärker künstlerisch und gegenwartsorientiert sein. Die Fragestellung ist jedoch die gleiche: Wie geht es weiter im postindustriellen Zeitalter? In der Völklinger Hütte gingen technische Innovationen einher mit Umweltzerstörung. Hier verdichten sich exemplarisch die Wechselfälle des menschengemachten Zeitalters vom 19. Jahrhundert bis heute. Das Industriedenkmal und Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist daher der ideale Ort, um über diese Frage nachzudenken“, so Dr. Ralf Beil, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte.

Das zweite FUTURE LAB „Spekulative Nomaden“ beschäftigt sich ab dem
10. Oktober mit aktuellen sowie zukünftigen Wohn-, Arbeits- und Lebensformen. Die GastkuratorInnen, das Projektbüro der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBKsaar) unter Leitung von Prof. Georg Winter, sind hierfür Spezialisten: Sie haben ihre Ateliers in der Handwerkergasse der Völklinger Hütte, in einem ehemaligen Industriestandort, und begrünen aktuell Brachflächen in der Kokerei. Die BesucherInnen dürfen sich auf eine kreative Auseinandersetzung mit den Fragen unserer Zeit freuen: Es geht um die Völklinger Hütte, um Völklingen und um die Welt — „von Hütte zu Hütte“.

 

Zentrum des FUTURE LAB ist die Erzhalle als Laborraum und ‚Zukunftsschmiede‘.
Arbeitsplätze stehen bereit, eine Werkbank, eine lange Essenstafel, eine Performancefläche mit niedrigen Bänken, Teppiche irritieren mit soziologischen und politischen Botschaften.

Eingang zum FUTURE LAB „Spekulative Nomaden“ in der Erzhalle der Völklinger Hütte
© Oliver Dietze / Weltkulturerbe Völklinger Hütte

„Die Unsicherheit in Hinblick auf die Zukunft unserer Umgebung, unserer Gesellschaft und unseres Planeten ist in einer Drastik spürbar wie kaum zuvor. In diesem Sinne begreifen wir die Notwendigkeit, jetzt an dem zu arbeiten und zu forschen, was unser Leben in Kürze verändert oder auch schon verändert hat. Es ist das Jetzt mit seinen akuten Situationen und Konstellationen, das unseren vollen Einsatz verlangt. Wir müssen die unaufschiebbaren Aufgaben angehen, die uns die Zukunft heute schon abverlangt“, sagt Prof. Georg Winter.

 

Den Faktor Zeit reflektiert die Arbeit von Polina Trishkina. Gegenstände wie Schuhe oder Taschen hat sie einem Kristallationsprozess ausgesetzt. Die salzigen Verkrustungen weisen auf organische Prozesse.
Zuweilen stammen die Installationen aus konkreten, bereits realisierten Projekten. Ein Möbelensemble in der Erzhalle hat sich in einem Kunstprojekt mit Völklinger BürgerInnen entwickelt. KünstlerInnen der HBK sowie Gäste aus der Bundesrepublik waren mit der Fragestellung losgezogen, was diese Menschen sich für ihre Stadt wünschen. Das Ergebnis: einen dritten Ort der Gemeinsamkeit und des Treffens jenseits der Arbeitsstätte und des eigenen Zuhauses.

Im Fluchtpunkt der Erzhalle zeichnet sich die Video-Installation „the foreign body“ von Yining Tang ab: eine Meditation verletzter Landschaft in Schwarz-Weiss-Bildern von Brücken, Schienen und Uferböschungen — aufgenommen in Saarbrücken-Burbach. Auf die Rückwand der Halle projiziert, wirkt der Film des postindustriellen Lebensraums wie ein Fenster nach draußen – dorthin, wo die Projekte begonnen haben und auch weitergehen sollen. Das „Spekulative“ im Titel ist wörtlich zu nehmen: Es geht darum, ergebnisoffen Fragen zu stellen und gesellschaftliche Prozesse anzustoßen.

Die AkteurInnen der HBK wollen die Erzhalle als Lebens- und Arbeitsraum nutzen, so dass während der Öffnungszeiten des Weltkulturerbes immer ein Diskussionspartner oder eine Ansprechpartnerin vor Ort ist. Die VölklingerInnen sind wie alle BesucherInnen eingeladen, sich am Labor der Erzhalle zu beteiligen. Auch der Völklinger Stadtraum wird in die künstlerischen Aktionen des FUTURE LAB miteinbezogen werden.

Im Verlauf des FUTURE LAB „Spekulative Nomaden“ sind durchgehend Recherchen, Erkundungen, Performance, Tanz, Konzerte, Vorträge und Workshops geplant. Der „MOBILE ART SPACE“ von Heike Gallmeier wird in Völklingen Station machen, Design-Workshops mit Andreas Brandolini und Mark Braun sind in Vorbereitung. Mittels „künstlerischen Forschung“ soll Einfluss auf notwendige gesellschaftliche Entwicklungen genommen werden. Es geht um Aktion und Praxis, um neue Realitäten und fiktive Zukünfte — ausgehend von Kunst, Design und Leben.

Die Tore des Zukunftslabors stehen offen — Lassen Sie sich überraschen! PM WKE

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